Linux-Arbeitskreis Hamburg

Zur Zeit arbeiten immer mehr Schulen mit Terminalserverkonzepten. Der Vorteil dieser Konzepte besteht darin, dass die Installation- und Konfigurationsarbeiten nicht mehr an den einzelnen Arbeitsplätzen anfallen, sondern nur auf den Servern. Das ermöglicht Fernwartung und automatisierte Wartungskonzepte. Auch die Nachhaltigkeit der Investitionen ist hier in besonderer Weise gewährleistet, da die Hardwareausstattung der Arbeitsplätze nahezu keine Rolle spielt. Als Arbeitsplatzrechner eignen sich sowohl aktuelle Computer, Thin Clients, als auch Altgeräte. Beschäftigungs-Initiativen und Projekte wie Mook wat PC können Altgeräte für die Schulen zu günstigen Bedingungen aufarbeiten und für den Einsatz in Terminalumgebungen vorbereiten, indem sie alle Laufwerke entfernen und stattdessen insbesondere einheitliche Netzwerkkarten mit Boot-Prom einsetzen. Die Arbeitsplätze beziehen dann ihr Betriebssystem direkt vom Server.

Das Terminalserverkonzept Class in one Box erfordert vier Komponenten, die in einem einzigen Server integriert werden:
  • Terminalserver, basierend auf dem Betriebssystem Linux, der die Arbeitsplatz-Geräte mit einem Desktop und mit Anwendungsprogrammen versorgt
  • Linux-Boot-Server für wiederverwendete Altgeräte.
  • Auf Wunsch eine Möglichkeit, an den Arbeitsplätzen auch Windows-Programme zu nutzen über die Linux-Server basierte Windows Umgebung von Netraverse Win4Lin Terminalserver
  • Einen Zugang vom heimischen Arbeitsplatz auf Anwendungen und Daten mittels der Middleware Tarantella, die ebenfalls auf Linux-Servern läuft.

1.Arbeitsplatzrechner (Clients)

Die Anforderungen von Class in one Box an die Arbeitsplatzrechner ist gering. Über die Middleware Tarantella läßt sich jeder Arbeitsplatz integrieren, der über einen javafähigen Browser verfügt. Damit lassen sich praktisch alle bereits vorhandenen Rechner der Schüler und Lehrer ohne weitere Software-Installation einbinden. Für die Nutzung innerhalb der Schule setzt man aber in der Regel Arbeitsplätze ein, die nur einen minimalen Pflegeaufwand benötigen.

  • Bei PCs mit vorhandener Festplatte reicht eine minimale lokale Linux-Installation. Der Arbeitsplatz muss dann über 500MByte Festplattenkapazität, 32MByte Hauptspeicher und eine aktuelle Grafikarte, sowie eine Netzwerkkarte verfügen. Als Prozessor reicht ein Pentium I mit 100 MHz vollkommen aus. Altgeräte aus Firmen und Behörden lassen sich so für ca. 100€ aufarbeiten.
  • Vorzuziehen ist PC-Hardware ohne eigene Festplatte oder andere Laufwerke. Aktuelle Netzwerkkarten erlauben es, das Betriebssystem von einem Boot-Server zu laden. In den USA wird dieses vom Linux Terminalserver Projekt (LTSP) standardisierte Verfahren an vielen Schulen genutzt. Auch hier fallen etwa 100€ pro Arbeitsplatz an, da die Hardware-Anforderungen vergleichbar sind.
  • Sehr leise und angenehme Arbeitsplätze ohne große Hitzeentwicklung lassen sich mit Thin Clients einrichten. Dies Hardware ist speziell auf den Einsatz in Terminalserver-Umgebungen ausgerichtet. Die Geräte verfügen über keinerlei drehende Teile wie Fest-platten und Lüfter und sind daher vollkommen lautlos und nahezu verschleißfrei. Ihr lokales Betriebssystem beziehen sie aus einem nichtflüchtigen Speicherbaustein (Flash). Die Kosten liegen bei knapp 500€ pro Arbeitsplatz.
  • Als Alternative bzw. Ergänzung zu Notebooks kommen Thin-Pads in Frage. Dies sind sehr kompakte Thin-Clients, bei denen der Computer und eine Funknetz-Karte in einem TFT-Display integriert ist. Die Geräte sind über einen Stift bedienbar, was für Internet-Recherchen vollkommen ausreicht. Für die Verarbeitung von Texten läßt sich eine externe Tastatur anschließen.

2.Terminalserver (Applikationsserver)

Eines der möglichen Betriebssyteme für einen Terminalserver ist Linux. Ein großer Vorteil beim Einsatz dieses Betriebssystems ist die sehr übersichtliche Situation hinsichtlich der Softwarekosten. Das Betriebssytem und sämtlich in diesem Abschnitt aufgeführte Anwendungs-Software ist kostenlos verfügbar. Für das alternative Betriebssytem Windows 2000 sind Serverlizenzen, Client-Lizenzen und Client-Zugriffs-Lizenzen zu bezahlen, dazu kommen dann noch Lizenz-Kosten für die Anwendungssoftware.

Ein weiterer Vorteil von Linux besteht darin, dass der Server seinen Client-Arbeitsplätzen Sound und eine hohe Farbtiefe zur Verfügung stellt, nicht nur die 256 Farben wie die derzeitigen Windows 2000 Terminal-Server.

Für etwa 20 gleichzeitige Client-Zugriffe benötigt man in Schulumgebungen nach unseren Beobachtungen für den Terminal-Servers folgende Hardware

Dafür fallen Hardware-Kosten von etwa 5.000€ an.

Auf dem Terminal-Server werden alle Software-Anwendungen installiert, die für den schuli-schen Einsatz relevant sein könnte. Das reicht vom Office-Paket StarOffice bis zum Geome-trieprogramm KGeo. Da die Programme nur einmal installiert werden müssen, ist der Fest-plattenbedarf der Installation recht gering. Den Arbeitsplatz-Geräten stellt der Server seine Software über das Protokoll X bzw. xdmsc zur Verfügung.

Für die Benutzerverwaltung auf Linux-Systemen stehen in Hamburg seit Jahren die WebTools zur Verfügung, die durch ihren modularen Aufbau für die neuen Anforderungen angepasst werden können. Über die WebTools lassen sich einzelne Anwendungen für bestimmte Nutzer bzw. Nutergruppen freischalten bzw. sperren, bei Bedarf auch nur zu bestimmten Zeiten (z.B. zu Klausuren).

Dabei braucht der Server mit den Benutzerdaten nicht innerhalb der eigenen Schule zu stehen, sondern kann an ein lokales Servicezentrum als Storage Provider ausgegliedert sein, was lokal die Datensicherung und einen großen Teil der Wartungsarbeiten erspart.

Nach dem Installieren und Konfigurieren eines solchen Terminal-Servers lassen sich weitere Server einfach durch Kopieren der Festplatte einrichten. Bei einem breiten Einsatz derartiger Systeme reduziert sich daher der Installationsaufwand pro Terminal-Server auf ca. eine Arbeitsstunde.

Auch der Terminalserver muss noch nicht einmal in der Schule selber stehen. Eine gute Netz-Verbindung erlaubt kleineren Schulen, z.B. Grundschulen, ihre Server vollständig im benachbarten Servicezentrum aufstellen und betreuen lassen.

Diese Poolbildung spart Ressourcen, da nicht alle Schulen die Server zur gleichen Zeit gleich stark auslasten. Speziell beim Start von Programmen gibt es Bedarfsspitzen, die sich über mehrere Schulen hinweg glätten können.

3.Einsatz von Windows-Programmen

Windows-Anwendungen wie Word und Excel und windowsbasierte Unterrichts-Software lassen sich auf Linux-Rechnern normalerweise nicht direkt starten. Falls trotz der inzwischen sehr umfangreichen Auswahl an hervorragender Anwendungssoftware unter Linux der Wunsch nach Windows-Programmen auftauchen sollte, gibt es mehrere Wege.

Das Konzept Class in one Box arbeitet mit dem Terminalserver Win4Lin, der als einziges Produkte sehr einfach eine multiple Windows-Installation auf dem Linux-Terminalserver erlaubt, die sich auch in jeder Nacht automatisch erneuern läßt.

4.Tarantella

Die Middleware Tarantella kann nahezu beliebige Clients mit nahezu beliebigen Anwendungsprogrammen verbinden. Als Anwendungsserver unterstützt Tarantella sowohl Windows 2000 Server, als auch Linux- und Unix-Server.
Als Client-System ist jeder javafähige Browser geeignet, eine lokale Sofware-Installation ist nicht notwendig. Damit können Schüler und Lehrer von nahezu jedem Rechner weltweit auf ihren Arbeitsplatz innerhalb der Schule zugreifen. Für Anwender besteht dabei kein Unterschied zu einem Arbeitsplatz an einem Thin-Client innerhalb der Schule. Auch die Druckaus-gabe kann Tarantella über das Netz ermöglichen. Für die Nutzung von Tarantella reicht eine Anbindung des Arbeitsplatzes per ISDN, da Tarantella sämtlichen Datenverkehr komprimiert.

Für diese Nutzung muss die Schule selber über eine geeignete Internetanbindung verfügen. Internetzugänge wie z.B. T-DSL sind nicht geeignet, da die Anbindung asymmetrisch ist und für diese Nutzung gerade der schwächere Upstream zum Tragen kommt. Eine symmetrische Anbindung der Schule mit 2MBit dürfte etwa 40 gleichzeitige externe Zugriffe erlauben.

Neben den Nutzungsmöglichkeiten über einen Browser gibt es auch spezielle Client-Software für Windows, Linux, Solaris, PocketPC und sogar den Nokia Communicator. Die Client-Software steht kostenlos zum Download zur Verfügung. Für die Software auf dem Server fallen Lizenz-Kosten von etwa 100€ pro gleichzeitigem Zugriff an.

5.Betrieb einer Class in one Box Installation

Ein Server nach dieser Konzeption läßt sich mit allen Anwendungsprogrammen zentral installieren und durch Kopieren der Festplatten verteilen. Innerhalb der Schule fallen dann nur Anpassungsarbeiten bei der IP-Adressen und der Rechnernamen an.

Hinsichtlich der Wartungsarbeiten sind die Clients und der Server getrennt zu betrachten.

An den Client-Arbeitsplätzen können kaum Software-Probleme auftauchen. Falls einmal ein einzelner Arbeitsplatz nicht funktionieren sollte, wird er durch ein anderes Gerät ersetzt und an den Service-Partner (z.B. HiTec/3S/Mook wat PC) zur Reparatur gesandt. Da keinerlei Software lokal gespeichert ist, fällt für das Austauschgerät keine weitere Installation an. Die Arbeit vor Ort kann durch Schüler, eventuell im Rahmen einer Schülerfirma, erledigt werden. Dabei könnten die Schülerfirmen auch benachbarte Schulen betreuen.

Bei den Servern ist zwischen den regelmäßigen Installations- und Wartungsarbeiten und dem Trouble-Shooting zu unterscheiden. Sollte einer der Server einmal massive Hard- oder Soft-ware-Probleme bereiten, so läßt er sich einfach durch ein gleichartiges System ersetzen. Sämtliche installierte Software passt auf ein Datensicherungsband und läßt sich damit innerhalb kurzer Zeit zurückspielen.

Als regelmäßige Arbeiten fallen vor allem die Kontrolle der Logdateien und die Installation bzw. Aktualisierung von Software an. Beide Arbeiten lassen sich per Fernwartung über das Netz erledigen. Die Betreuer können die Installationen auch per Tarantella ausprobieren und optimieren. Standardaufgaben zur Betreuung können Schüler übernehmen, da für die Installa-tionen EDV-Grundkenntnisse Linux ausreichen. Für Problemfälle und weitere Entwicklungs-aufgaben müßte dann ein Kompetenzzentrum Hilfe im Sinne eines Second Level Support bieten.

6.Skalierbarkeit/Nachhaltigkeit

Der Terminalserver-Baustein des Systems ist auf 20 Arbeitsplätze ausgerichtet. Für Schulen, die mehr Arbeitsplätze benötigen, kommen einfach weitere Server oder mit mehr Prozessor-Leistung und Arbeitsspeicher ausgestattete Server hinzu. In einen Pool mit mehreren Servern müssen lediglich einzelne Dienste, wie z.B. die Benutzerverwaltung besonders konfiguriert werden, da dies nur an einer einzigen Stelle erfolgen soll. Dafür stehen unter Linux standardisierte Protokolle wie NIS und NIS+ zur Verfügung, die über das VPN von beliebiger Stelle aus betrieben werden können. Die Verwaltung der Benutzer und ihrer Anwendungs-Daten in den Servicezentren erspart die Datensicherung innerhalb der einzelnen Schulen.


Kritik, Anregungen und Ergänzungen willkommen. Zusammengestellt von Uwe Debacher und Bernd Burre, letzte Änderung am 27.01.2006
Impressum